Freitag, 27. Februar 2015

DIY-Tapete, die auch noch schlauer macht & ach, süßer Vogel Jugend


Eine launig-bunter Tapetenpost war gewünscht et voilà, hier ist er. Wobei ich heute mittag beim heimlichen Fotografieren des Tochterzimmers feststellen musste, dass das nun gar keine so bunte Angelegenheit wird, befindet sie sich doch momentan in einer Grau- und Dunkel-Phase, was sich natürlich auch in der Zimmereinrichtung niederschlägt. Und da wir schon bei Grau sind: den mausgrauen Teppichboden, der noch von unseren Vorbesitzern im Zimmer liegt, wollte ich euch wirklich ersparen, deswegen ist das heute quasi ein bodenloser Post was fototechnisch übrigens gar nicht so einfach war.




Aber nochmal von Anfang an: in den Ferien hatte Tochter Groß die Idee, ihr Zimmer mit Seiten aus einem alten Lexikon zu tapezieren. Die Frau Mama war gleich sehr angetan vom Gedanken und so ging's erst mal am ersten freien Vormittag in die Münchner Maxvorstadt, die nicht nur das quirlige und momentan wieder schwer angesagte Studentenviertel ist, sondern auch Dutzende kleiner Antiquariate beherbergt. Dort kann man natürlich auch eine Menge Geld lassen, oh, ich habe mich schwer in eine originale Jahresausgabe des Simplicissimus von 1920 verliebt, aber eben auch echte Schnäppchen machen. Wir fanden eine dreibändige Ausgabe von Herders Universallexikon aus den späten 50ern. Natürlich hätte die Tochter Groß und die Frau Mama eigentlich auch ein wirklich altes Lexikon mit kolorierten Zeichnungen viiiiel toller gefunden, aber da ist man schnell mal ein kleines Vermögen los und offen gestanden waren uns die prächtigen alten Bände viel zu schade, um sie zu zerschneiden und an die Wand zu kleben.




Die erste Hürde war dann tatsächlich das Auseinanderschneiden der Bücher, im Endeffekt war die schnellste Methode, einfach jede Seite einzeln mit dem Cutter rauszuschneiden. Und Leute, das macht mehr Dreck, als ich jemals gedacht hätte. Um sich ein wenig mehr Bildungsdünkel zu geben, hat die Tochter übrigens die übrig gebliebenen gebundenen Einbände zurück in die Schachtel geschoben und das Fake-Lexikon ins Bad gestellt.

Der Rest war dann mühsam, aber einfach, nämlich jede einzelne Seite dünn mit Tapetenkleister bestreichen und an die Wand kleben und nach Möglichkeit NICHT noch schnell von vorn bis hinten durchlesen. Davor stand allerdings noch die größte Hürde von allen, nämlich alles, was davor an den Wänden hing, abzuhängen, und das war nicht gerade wenig.






Es ist ja ganz erstaunlich, was sich Teenies alles an die Wand pinnen, Konzerteintrittskarten und Postkarten waren da noch das Normalste. Meine Top 3 der abnormalen Dinge, die an Teeniewänden hängen, sind: das Lieblingskleid der Tochter Groß als Dreijährige, ein Coffee-to-go-Becher einer sehr angesagten Kaffeebar in der Innenstadt, und, fragt bitte nicht, ein halb angegessener Apfel. Ich gehöre nicht zu den Müttern, die ständig die Zimmer ihrer Kinder inspizieren oder gar aufräumen, aber ich war dann doch ziemlich erstaunt, was da nicht alles raus befördert wurde. Und war doch ziemlich beruhigt, dass in letzter Zeit gar nicht so viele Schüsseln zu Bruch gingen, wie ich dachte, die lagen alle unterm Tochterbett! Und eine seit über einem Jahr vermisste Blumenvase kam auch wieder zum Vorschein, mitsamt dem im Frühherbst 2013 das ist kein Tippfehler gepflückten Strauß, also ich meine, der Straußruine. Kann man natürlich auch alles als jugendliches Experimentieren werten.

Gewarnt sei dann aber doch vor dem muffigen Geruch, der dann eine Zeit lang im Zimmer hing. Das wurde von der Frau Tochter auf sehr barocke Weise erledigt, indem einfach eine Tonne Parfum versprüht wurde ich hab dann mal heimlich einen ganzen Vormittag die Balkontür aufgemacht, als sie unterwegs war, so kann man das nämlich auch lösen. Und auch sonst wurde alles auf sehr pragmatische Weise gelöst. Ich war noch ganz glücklich, dass die Tochter Groß endlich mal ein Einsehen hatte und doch einiges ausgemistet wurde, aber in dem Zuge mal ABSTAUBEN? Ist doch nicht nötig. Deswegen gibt es auf den Bildern heute auch nur kleine Ausschnitte zu sehen, ich stand beim Fotografieren vor dem Dilemma, entweder erst mal gründlich aufzuräumen und sauberzumachen, was unweigerlich mehrere Tage in Anspruch genommen hätte, oder mir die wenigen intakten Ecken zu suchen und abzulichten.





Tapeziert wurde natürlich mit Hilfe von Freundinnen und die Stimmung war wirklich den ganzen Tag über bombig und natürlich permanent von lauter Musik untermalt. Und da muss ich doch kurz einen kleinen Zwischeneinschub bringen, wir waren nämlich auch noch auf einem Konzert in den Ferien. Obwohl ich ja die 40 schon deutlich überschritten habe, gehe ich noch regelmäßig in Rockkonzerte und zwar meistens mit einer Freundin, die die 50 schon deutlich überschritten hat. Eigentlich fühle ich mich noch nicht zu alt dafür, wir gehen aber natürlich auch nicht zu Teeniepopereignissen, sondern eher zu kleinen Clubkonzerten mit sehr durchwachsenem Publikum. Und nein, ich tanze und kreische nicht während einem Konzert, sondern suche mir eine gemütliche Stelle am Rand, von der aus ich in Ruhe zuhören kann.

Nicht so diesmal, waren wir doch bei alt-j, der angesagten Band der Stunde, da gab es die ruhige Ecke für die gesetzten Damen irgendwie nicht, sondern nur ein sehr junges und sehr hippes Publikum. Ich weine wirklich nie vergangenen Zeiten nach und bin insgesamt ziemlich froh, die Wirren der frühen Zwanziger weit hinter mir zu haben, aber glückselig mit geschlossenen Augen tanzen, das kann ich nicht mehr, dazu bin ich einfach zu erwachsen. Als uns nach dem übrigens wirklich gigantischem Konzert unsere völlig beseelten Kinder entgegenstolperten, waren wir doch beide ein wenig wehmütig, dass uns diese Unbeschwertheit im Laufe der Jahre abhanden gekommen ist.




Huch, das war jetzt schon wieder länger, als geplant, ich hoffe, ihr habt bis hier durchgehalten. Ich wollte aber doch noch schnell den Bildungsaspekt einer solchen Tapete betonen, Tochter Groß kommt jetzt jeden Morgen runter mit Sätzen wie: 'wusstet ihr eigentlich, dass es im Harz einen offiziell so benannten Hexentanzplatz gibt?' Äh, nein, wusste ich nicht. Und sie wollte noch irgendein Wort groß an die Wand kalligraphieren, für Vorschläge von euch sind wir sehr offen. Momentaner Favorit ist übrigens 'Backfisch' 

xxx

Karin



6 Kommentare:

  1. Was die barocke Lösung anbelangt: Die habe ich damals auch angewandt, wenn wir in meinem Zimmer geraucht hatten... Danke fürs Erinnern! Denn so pflegeleicht waren wir für unsere Eltern auch nicht ( ich schon gar nicht ). Und jetzt sind es meine Eltern auch nicht mehr. Ich erlebe seit 2 Wochen eine Achterbahnfahrt der Gefühle, Wünsche und Ansichten, wie ich sie zuletzt eben in jenen Zeiten selber in mir verspürt habe.
    Bon week-end!
    Astrid

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    1. Och menno Astrid, ich kann dir das so nachfühlen! Wünsch dir was und drück dich mal feste ♥

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    2. Danke dir! War nun vor Ort und habe mir ein Bild gemacht. Es ist halt, wie es ist. Altwerden ist nichts für Feiglinge...
      GLG

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  2. Mensch was für eine Arbeit!! Ja die Teenies, können wir alle ein Lied von singen, hahaha ♥
    Ganz liebe Grüße
    Christel

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  3. Liebe Karin,
    die Lexikonwand ist eine tolle Idee, sehr kreativ.
    Lustig was da im Zimmer alles zum Vorschein kam.
    Da denkt man sofort an seine Teeniezeit zurück. ;)
    Liebe Grüße
    Fanny

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  4. Backfisch ;-)) Besonders grinsen musste ich ja auch bei den Blumenstrauß. Aber ist es nicht schön, dass du all deine Schätze wiederhast (man muss ja immer das Positive sehen).
    Da muss ich direkt mal überlegen, was ich früher alles an der Wand hatte. Einmal hatte ich eine Art Wabenmuster in schwarz-weiß aufgemalt und war völlig begeistert. Ganz im Gegensatz zu meinen Eltern. Konnte ich damals gar nicht verstehen ... ;-))

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